{:de}Am Freitag, 31. März 2017 um 19.30 Uhr hält Dr. Yahya Wardak vom Verein Afghanic e.V. in Bonn in der Öffentlichen Bücherei St. Gallus einen Vortrag über Abdul Ghaffar Khan, einen Freund und engen Vertrauten Gandhis, gläubiger Muslim und Begründer der Bewegung „Diener Gottes“
Gewaltfreiheit im Islam, gibt es das überhaupt? Die Bilder und Nachrichten über die islamische Religion und Kultur, mit denen wir täglich konfrontiert sind, vermitteln uns ein anderes Bild. Gewaltfreier Islam findet nur ganz selten ein Forum in unseren deutschen Tagesmeldungen, der „gewalttätige“ Islam, der „politische“ Islam hat bei uns Hochkonjunktur.
Doch, „keine Religion ist terroristisch, die Gewalt ist eine Schändung des Namens Gottes“, sagt Papst Franziskus in seiner Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages 2017 und der „muslimische Gandhi“ Abdul Ghaffar Khan betonte immer wieder, dass das Konzept der Gewaltlosigkeit schon im Koran verankert sei.
Leider ist dieser treueste Verbündete Gandhis bei uns noch völlig unbekannt. Dabei war auch er Vertreter einer radikalen Gewaltlosigkeit und er begründete diese aus seiner Religion, dem Islam. Heute fast vergessen oder zumindest tief im Schatten des indischen Vorkämpfers für Gewaltlosigkeit und Selbstbestimmung stehend, sind die Leistungen dieses Mannes nicht minder außergewöhnlich.
Yahya Wardak hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine Brücke zu bauen zwischen Afghanen und den an Afghanen und Afghanistan interessierten Deutschen. Unter anderem will er Abdul Ghaffar Khan und seine Armee der gewaltlosen Soldaten wieder bekannt machen. Denn, geprägt durch die aktuellen Sensationsnachrichten wissen wir Menschen hier im Westen leider oft viel zu wenig über die Geschichte und den Glauben der Menschen im Osten. Der Vortrag von Dr. Wardak soll dazu beitragen, den Dialog sensibel und aufmerksam zu gestalten und die Begegnungen im Alltag auf eine solidarische, friedliebende und aufgeklärte Basis zu stellen.
Eine starke Gesellschaft ist das Ergebnis gelungener Integration – gelingende Integration aber setzt differenzierte und umfassende Information voraus.
Vortrag in Bücherei
Gewaltfreiheit und Toleranz nicht aus dem Blick verlieren
GRÜNKRAUT – „Wenn man das Fremde betont, werden die Identifikationswege länger“ sagt Roger Willemsen in seinem Buch „Afghanische Reise“. Das Fremde, das ist in unserem Verständnis der Islamische Staat mit seinen unverständlich mörderischen Gewalttaten. Das Fremde, das sind in unserem Weltbild Menschen, die ihre Religion dazu benutzen, anderen Menschen Gewalt anzutun. Fremd ist in vielen unserer Publikationen inzwischen eine Religion, die doch eigentlich der gleichen Tradition entstammt wie unsere eigenen christlichen Überlieferungen.
Und da gibt es in der Bücherei in Grünkraut einen Vortrag über Abdul Ghaffar Khan, über einen muslimischen Weggefährten Gandhis, der sich vor über 100 Jahren die Gewaltfreiheit auf die Fahne geschrieben und diese aus den Schriften seiner Religion, aus dem Koran begründet hat. Eine Persönlichkeit, die Papst Franziskus in seiner Botschaft zur Feier des Weltfriedenstages am 1. Januar 2017 gleichberechtigt neben Mutter Teresa und Martin Luther King, neben Mahatma Gandhi und Leymah Gbowee, die Friedensnobelpreisträgerin aus Liberia, gestellt und namentlich genannt hat.
Der Referent Dr. Yahya Wardak will das öffentliche Bild vom Islam und über die Muslime in Deutschland zurechtrücken. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Fremdheit in Vertrautheit, Unverständnis in Einfühlung, Distanz in Entgegenkommen zu verwandeln. Afghanistan, so sagt er, ist zwar nie kolonialisiert worden, seine Geschichte aber ist die eines kaum je unterbrochenen Kampfes um Unabhängigkeit. Gerade deshalb ist es ihm so wichtig, einem Muslimen Stimme und Gehör zu verschaffen, der auf vielen Bildern neben dem hinduistischen Gandhi zu sehen und im deutschsprachigen Raum doch so unbekannt geblieben ist. „Meine Religion ist Wahrheit, Liebe und Dienst für Gott und die Menschheit… Alle, -die dem Wohlergehen ihrer Mitmenschen gegenüber gleichgültig sind…, kennen die Bedeutung von Religion überhaupt nicht.“
Das sagt Abdul Ghaffar Khan in seiner Autobiographie. Geboren wurde er um 1890, der Vater war Führer eines paschtunischen Afghanenstammes und er hatte sich wie Mahatma Gandhi dem gewaltfreien Unabhängigkeitskampf gegen die britischen Kolonialherren verschrieben.
Dabei war er davon überzeugt, dass nur „lebendige Beziehungen zwischen aktiven, gewaltfrei denkenden und handelnden Menschen“ eine Gewaltherrschaft zum Einsturz bringen können. Deshalb nimmt es Dr. Wardak, der nach fast 20-jährigem Aufenthalt in Deutschland mittlerweile zwischen beiden Ländern hin und her pendelt, auf sich, ohne Honorar auch in kleinem Kreise diesen beeindruckenden Menschen vorzustellen und auch aktuell aus Afghanistan zu berichten.
Erschienen: „Schwäbische Zeitung, 27. April 2017{:}