Meli Hindara ist Paschtu und bedeutet Spiegel (hindara) der Nation (meli). Das heißt, die nakluna (Volkserzählungen) dieser Sammlung sind eine Spiegelung der Kultur des paschtunischen Volkes. In ihnen werden die dem Volk wichtigen Dinge behandelt: Liebe, Brüderlichkeit, Tapferkeit, Kampfgeist, Ehre, Frömmigkeit, Keuschheit, Schutz der Frauen, Mitgefühl, Gastfreundschaft, Treue und aufopfernder Patriotismus.
Diese nakluna sind traditionellerweise mündlich überlieferte Geschichten, die von einer Generation zur anderen weitergegeben worden sind. Sie wurden von Geschichtenerzählern, den nakalchian, vorgetragen. Vor der Zeit von Radio und Fernsehen versammelten sich die Menschen und hörten ihrer kunstreichen Darbietung zu. Der nakl soll in erster Linie unterhalten. Allerdings enthält der nakl auch eine psychologische Komponente: Mütter und Großmütter erzählten diese Geschichten ihren Kindern und Enkeln als Gutenachtgeschichten, weil sie moralische Lehren enthalten.
1930 schrieb Muhammad Gul Noori als erster diese nakluna auf, die ihm nakalchian aus Kandahar erzählt hatten. Er widmete sein ganzes Leben bis zu seinem Tod im Jahre 1352 Shamsi (1973) dem Paschtu und sammelte verschiedene Gattungen der Folklore.
Wie lesen Menschen, die in Europa sozialisiert worden sind, diese Geschichten? Ich würde an manchen Stellen am liebsten den Protagonisten zurufen: Löst euch von denjenigen Konventionen, die euch zugrunde richten, wenn ihr sie streng befolgt! Sprecht miteinander, um die Irrtümer aufzuklären, die euer Leben bedrohen! Überlegt euch gut, worin eure „Ehre“ in Wahrheit besteht und ob sie wahrhaftig Töten und Sterben wert ist!
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