Wie ein Weggefährte Gandhis die Gewaltlosigkeit im Islam begründet
Aus dem Englischen von Ingrid von Heiseler
2. überarbeitete Auflage. Aus dem Englischen von Ingrid von Heiseler
Bonn: Afghanic 2021. Vorwort: Prof. Heinz Werner Wessler
Gewaltfreier Islam? Gibt es den denn? Vielleicht ist das deshalb so wenig bekannt, weil der Westen an seinem eigenen Bild vom Islam festhalten möchte?
Im Westen steht der Name Gandhi für Gewaltfreiheit. Deshalb wurde Badschah Khan auch der „Grenzprovinz- Gandhi“ genannt. Er selbst verwahrte sich gegen diese Bezeichnung mit der Begründung, Gandhi gebe es nur einmal auf der Welt. Diese Bezeichnung sollte westlichen Lesern die Bedeutung Badshah Khans in einem Wort verdeutlichen.
Auch Badshah Khan wirkte an der Befreiung Indiens von der britischen Kolonialherrschaft mit. Er rief die indischen Muslime auf, sich gewaltfrei an der Befreiungsbewegung zu beteiligen, und gründete in seinem Gebiet Institutionen der Gewaltfreiheit. Bekannt wurden die Khudai Khidmatgar (Gottesdiener), die Rothemden, die „gewaltfreien Soldaten“.
„Meine Religion ist Wahrheit, Liebe und Dienst für Gott und die Menschheit“ heißt es an einer Stelle der Autobiografie. Badshah Khans Auffassung vom Dienst für Gott ist der Dienst am Menschen, denn Gott, so sagt er, bedürfe der Dienste des Menschen nur auf dem Weg des Dienstes des Menschen am Menschen.
Schon mit Anfang 20 errichtete er seine erste Schule, weil er die Unwissenheit als eine der Ursachen des Elends seiner Landsleute erkannte. Der Aufgabe der Aufklärung blieb er – auch in seinen Reden, von denen drei im Anhang des Buches stehen – treu. Er verband in einzigartiger Weise Islam, Gewaltfreiheit und Aufklärung miteinander.
Ebenso wenig wie Gandhi hinterließ Badshah Khan ein philosophisches System der Gewaltfreiheit. In der „Theorie“ – soweit es denn eine ist – schloss er sich weitgehend Gandhi an. Man kann von Badshah Khan mit gutem Grund sagen: „Sein Leben ist seine Lehre“ und deshalb ist das Bekanntmachen seiner Lebensbeschreibung gleichbedeutend mit der Verbreitung seiner Überzeugungen. Ähnlich wie Gandhi wirkte er durch seine charismatische Persönlichkeit. Aber anders als Gandhi hinterließ er nicht einmal Fragmente einer Lehre von der Gewaltfreiheit. Er praktizierte sie, und wie er das tat, ist seiner Lebensbeschreibung zu entnehmen.
Bei der Lektüre des Buches lernen wir einen sehr eindrucksvollen Menschen kennen. Der Text ist bei allem Schweren und Unerfreulichen, das wir erfahren, gleichzeitig unterhaltsam zu lesen und an manchen Stellen voller Humor, der nur selten bitter wird. Gelegentlich fragt sich die Leserin: Muss er sich wirklich auch in diesem Fall wieder so unnachgiebig und taub und blind für seinen eigenen Vorteil oder auch nur für sein Wohlergehen verhalten?
Wir wünschen der deutschen Ausgabe weite Verbreitung, denn sie vermittelt die Bekanntschaft mit einer bedeutenden Persönlichkeit der neueren Geschichte und mit einem interessanten Menschen, der unweigerlich nicht nur Anerkennung, sondern auch Sympathie weckt. (Ingrid von Heiseler, Juli 2012)
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