Der Bonner Verein sammelt und publiziert Fachbücher für afghanische Universitäten

DRANSDORF. Bücher en masse zu den verschiedensten Forschungsgebieten, gut ausgebaute Bibliotheken. Was in deutschen Universitätsstädten die Regel ist, ist in Afghanistan Utopie. Es gibt in Afghanistan 34 staatliche und 120 private Universitäten. Als ich aber an der Universität Nangarhar im Osten Afghanistans die Lehrbücher gesehen habe, musste ich weinen“, erzählt der gebürtige Afghane Yahya Wardak.

Es ist einer der Gründe, weshalb der 49-Jährige mit seinem gemeinnützigen eingetragenen Verein „Afghanistan Information Center (Afghanic)“ mit wissenschaftlichen Autoren zusammenarbeitet. „Die stellen uns ihre Werke kostenfrei zur Verfügung, wir lassen ihren Inhalt prüfen, drucken sie, und verteilen sie dann in ganz Afghanistan an Unis, Krankenhäuser und Forschungsinstitutionen“, erklärt der Vorsitzende. Schon 250 Bücher – größtenteils medizinische – wären so publiziert worden. Unterstützung erhalte Afghanic dabei von der Ruhr-Universität in Bochum, die die Inhalte auch online veröffentlicht. Viele weitere Aufträge liegen bereits auf Wardaks Schreibtisch. „Für den Druck sind wir auf finanzielle Mittel angewiesen. Dafür arbeiten wir mit anderen Stiftungen zusammen, brauchen aber auch private Spender.“

Die Idee zu einem gemeinnützigen Verein kam dem dreifachen Familienvater schon früh: „Bis zur zwölften Klasse ging ich in Afghanistan zur Schule, dann bekam ich ein Stipendium und studierte in der damaligen Tschechoslowakei Medizin. 1992 kam ich nach Hamburg, wo mein Vater eine Bank leitete. Weil in Afghanistan Bürgerkrieg herrschte und ich deshalb nicht zurückgehen konnte, lebte

ich in einem Asylbewerberheim.“ Dort habe er viel über Afghanistan gelesen und sei von anderen Bewohnern gefragt worden, ob er nicht Seminare und Vorträge über seine Heimat halten wolle. Wardak setzte den Vorschlag in die Tat um, lernte 2001 während eines Vortrags seine heutige Frau kennen. „Sie lebte schon damals in Bonn und ich ging mit ihr mit“, erzählt er.

2008 wurde Afghanic ins Vereinsregister beim Amtsgericht Bonn eingetragen, verfügt heute über etwa 30 Mitglieder und sitzt an der Justus-von-Liebig-Straße. Von dort führt der Verein ein zweites großes Projekt: „Wir haben in einem armen Stadtteil am Rande Kabuls für umgerechnet 120 000 Euro eine Tagesklinik bauen las sen.“ Unterstützt wurde Afghanic dabei vom Centrum für internationale Migration und Entwicklung (CIM), einer Arbeitsgemeinschaft der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV). Für einen Besuch in der Klinik, die Anfang 2016 ihren Betrieb aufnahm, zahlen Patienten laut Wardak umgerechnet etwa zwei Euro. „Wir haben dort vier Ärzte – einen Allgemeinmediziner, einen Kinderarzt, einen Zahnarzt und eine Gynäkologin.“ Auch eine Apotheke ist angeschlossen.

Wardak möchte durch seine Arbeit etwas zurückgeben: „Ich habe schon als kleines Kind die Armut und das Elend der Menschen gesehen. Das Leben ist kurz und es erfüllt mich mit großer Freude und Zufriedenheit, wenn ich so in Afghanistan helfen kann.“  VON LASZLO SCHEUCH

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